Freude


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Erleben Sie Freude in der Kirche? Im Leben?
Von ganz anderer als kirchlicher Seite bekam ich einen Blog-Input zu mehr Freude im Leben.

Freude im Leben heisst auch Freude in der Kirche. Denn Kirche besteht aus uns, den einfachen Menschen mit ihrem einfachen Leben.
In einem Newsletter der Ko-Schule für Shiatsu fand ich also heute das Zitat vom Shiatsulehrer und Schulgründer Hiron Nozaki. Er sagt darin:

«Freuen wir uns über das Leben in all seinen Phasen, wo immer wir gerade stehen! Begeistern wir uns für unsere Ziele, kultivieren wir die Vorfreude, geniessen wir, was im Moment ist – das Essen, unsere Arbeit, Begegnungen, die Natur!»

Ich durfte ihn während einer Ausbildungswoche im Juli 2006 kennenlernen. Wenige Monate später starb er. Er war ein humorvoller Mann mit grossem Herzen. Trotz seines entkräfteten Körpers, strahlte er eine eigene Kraft aus, die einen Raum mit Wärme und Achtsamkeit zu füllen vermochte. So stelle ich mir ältere Menschen vor, wenn sie nicht nur alt, sondern auch reif werden. Und seine Weisheit im Zitat kommt so einfach daher, wie jene von Jesus oder dem Prediger aus dem Alten Testament, Kohelet oder Salomon genannt.

Jesus gibt klare und einfache Anweisungen (z. B. Mat 5,37), was nicht heisst, dass sie einfach umzusetzen sind. Und der Prediger sagt mit anderen Worten (Pred 3,14-19) Ähnliches wie Hiron Nozaki.

Freuen wir uns über das Leben!
Bei Besuchen im Altersheim durfte ich schon einigen Menschen begegnen, deren Augen freudig strahlten. Der Körper ging am Stock oder er war auf den Rollstuhl angewiesen. Aber er strahlte mehr Lebensfreude aus als mancher Jugendlicher. Wie kommt das?

Jugendliche kreisen oft um sich selbst, was in ihrem Alter auch normal ist. Mit dem Jugendlichkeitswahn der Erwachsenen legen wenige Erwachsene dieses Kreisen um sich selbst ab. Diese Senioren hingegen hatten viel losgelassen. Die Frau, den Mann verloren, viele Freunde oder andere Familienmitglieder ebenfalls. Prestige und Eigenständigkeit oft ebenfalls. Sogar das eigene Zuhause hatten sie aufgeben müssen.

Sie waren froh, wenn man nett mit ihnen umging, wenn sie keine Schmerzen hatten oder das Essen gut war. Mehr erwarteten sie nicht. Aber in ihnen drin musste eine enorm reiche Welt bestehen. Dies deuteten ihre strahlenden Augen an, ihr Humor, ihr Lachen und ihre Freude. Aber auch ihre Weisheit, wenn es um ernste Dinge ging.
Ich freue mich an allen weisen Älteren und bin dankbar für ihr Dasein, ihre Blicke und für ihre Worte.

Das Leben in all seinen Phasen, sagt Nozaki. Wir wissen alle, wie das Leben uns voranbringt. Mit Ruhephasen, wo wir Kraft tanken können und Phasen, in denen uns viel abverlangt wird. Jede diese Phasen geniessen, uns an ihr freuen. Können wir das? Wirklich?

Begeistern wir uns für unsere Ziele, sagt er weiter. Frage ich Sie nach Ihren Zielen, was würden Sie antworten? Haben wir Ziele oder sind wir Getriebene? Und wenn wir Ziele haben, freuen wir uns an ihnen, oder freuen wir uns erst, wenn wir sie erreicht haben?

Hiron Nozaki meint, wir sollten die Vorfreude kultivieren.
Das ist auch mir ein wichtiges Anliegen. Denn besonders in meiner Kindheit und Jugend durfte ich Vorfreude oft erleben. Die Freude, bevor man das Ziel erreicht hat. Je öfter ich meine Ziele sofort erreichen konnte, desto öfter betrog ich mich um die Vorfreude. Von daher bin ich keine Befürworterin der Kulturströmung, wo man fast alles, sofort oder zu jeder Zeit beschaffen oder erreichen kann. Eine Tendenz, welche das Internet verstärkt, weil ich in ihm fast sofort finden, herunterladen oder kaufen kann, was mein Herz begehrt. Wo bleibt da die Vorfreude?

Dieses bange Warten von über einer Woche auf die entwickelten Fotos oder Filme. Heute sind Fotos gleich nach dem Abdrücken auf der Kamera schon da. Heute gibt es kaum noch dieses Warten auf die gewünschte Musik aus dem Radio, weil man sein Geld zusammensparen und dann die CD, Kassette oder Platte kaufen musste. Die lange Zeit ist auch vorbei, welche verstrich, bis man eine Antwort auf seinen Brief erhielt, wo man täglich mit Vorfreude zum Briefkasten hüpfte. Heute erwartet man innert Minuten oder Stunden Antworten auf die digitale Piepserei auf Twitter, WhatsApp oder per Mail. Ein kindliches Piepsen wie bei Küken, die sich dadurch vergewissern, dass sie dazugehören und sich nicht verirrt haben. Eine ängstliche Anspruchshaltung, die sich im Beruf fortsetzt. Allzeit bereit, soll man sein.

Mir fehlt die Vorfreude heute an manchen Orten.

Geniessen wir, was im Moment ist – das Essen, unsere Arbeit, Begegnungen, die Natur! Damit endet das Zitat. Die Vorfreude auf das Künftige soll nicht vorherrschen, sondern die Freude am Gegenwärtigen. An den ganz einfachen Dingen. Ich würde noch ergänzen, die Freude am eigenen Körper und Leben, an den Menschen, mit denen wir zusammenleben oder in Beziehung stehen. Das müsste unseren ganzen Alltag mit grosser Freude füllen. Tut es dies auch?

Hiron Nozaki strahlte diese Freude aus. Obwohl er sterbenskrank und schwach unterwegs war. Wir mussten ihn beim Gehen stützen. Aber sein Shiatsu war, als wäre er kerngesund und humorvoll nahm er sich selbst nicht so ernst. Dieses Bild von ihm, wird mich begleiten.

Wie könnte die Kirche dazu beitragen, dass wir diese einfache Freude wieder kultivieren können? Bei Jung und Alt in jeder Lebensphase? Der Freude wird nebenbei sogar nachgesagt, dass sie unser Immunsystem stärkt.

Dort, wo die Freude in einer Kirchgemeinde wichtig ist, probiert sie es z.B. durch eine Kultur der Wertschätzung, sodass man sich gerne in ihr engagiert; oder durch eine Willkommenskultur für alle, wo mensch sein darf, wie er ist; oder durch "Fastentage" (diese betreffen nicht nur die Ernährung), in welchen der bewusste Verzicht uns lehrt, was wir wirklich brauchen und woran wir uns immer noch freuen können. Wie ein Dach über dem Kopf, das tägliche Brot, ein warmes Bett, Freunde, unsere Arbeit, die Natur, jene Sinne, die funktionieren, ...

Foto: (C) 2006 Tatjana Cárpino Satz. Hiron Nozaki bei einer Übung.
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